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Symbolik §59

§59 Die Gnadenmittel. Wort und Sakrament

Das Mittel, durch welches die durch die Versöhnung in Christo geschaffene Kirche erhalten wird, sind die Gnadenmittel praedicatio verbi administratio sacramentum. Dies sind die einzigen aber gewissen Mittel der Bezeugung des lebendigen Christus in seiner Kirche. Wort und Sakrament sind gleichwertig. Dies ist verbum visibile. Von der babylonischen Gefangenschaft: er spräche am liebsten nur von einem Sakrament, dem Wort, und mehreren Zeichen (Klang Wasser Brot und Wein). Luther hat oft solche Ansätze leider geht er mit seinem Idealismus dann darüber hinweg. Die Kirche ist die Gemeinde in der der schuldige Mensch Vergebung der Sünden Leben und Seligkeit empfängt. Die Kirche braucht daher nur ein Mittel zur Sündenvergebung, das ist Christus, resp. Verbum praedicatum, das Zeugnis von ihm. Dies kann in sehr verschiedener Form entgegentreten, als einfach gepredigtes oder gesungenes oder im Anschluss an Handlungen, die Christus selbst geordnet hat. Augustin meint accedit verbum ad elementum et fit sacramentum. Dabei ist ihm subj. elementum, bei Luther aber verbum in der eigentümlichen Verbindung mit elementum. Damit ist etwas ungeheures in der Kirchengeschichte geschehen, indem der Mysterienkult seit dem 2. Jahrhundert ausgebildet war zugunsten eines aesthetischen oder mystisch contemplativen Kultus. Luther hat die logike latreia wider hergestellt, nachdem die Mysterien Compendien der Religionsgeschichte geworden waren.

In der Formel Wort und Sakrament ist aber ein Giftkeim übriggeblieben, der bald genug Früchte getragen hat. man fand neben der Sündenvergebung [199] noch anderes für den gläubigen Menschen nötig, ein pharmakon athanasia für de[] Leibes Unsterblichkeit

Luther hat die Siebenzahl beseitigt. In der Apol. gilt die Beichte noch für ein Jahr, ja es wird der Sakramentscharakter der Ehe zugegeben, man könne alle Ordnungen Sakramente nennen. Es ist gut sich klarzumachen daß auch der Lehrbegriff weich ist.

Diese Zuversicht auf die Gotteswirkung wird dann viel inniger verknüpft mit der Ausspendung von Wort und Sakrament, als im Katholizismus wo alle Gotteswirkungen doch nur Möglichkeiten schaffen, der Gläubige muss doch selbst die Seligkeit erarbeiten. Die Seele verlangt ein persönliches Verhältnis zu Gott, nicht nur Dinge. Das Ganze ist Christus wie er für uns ist. Wo dieser so gepredigt wird, da wird er, das ist Glaubenssache, wirken und Sündenvergebung schaffen. Wort und Gnadenwirkung gehen ineinander, nicht parallel von unten und von oben nebeneinander.

Die Sakramente schaffen und nähren den Glauben. In den Bekenntnisschriften tritt das Wort immer als gratia praeveniens auf. Der vorausgesetzte Glaube ist nicht ein völlig von Zweifeln reiner, er kann noch recht schwach sein. Leider hat Luther die Frage aufgeworfen, wie es mit der Wirkung des Wortes und Sakramentes bei den Ungläubigen stehe und ist hier bis zur manducatio infidelium gekommen. Es ist das naseweise Speculation ausserhalb des Kreises stehend, den man nur von innen heraus erkennen und anerkennen kann. Der aussenstehende betrachtet das alles als Mythus, der innestehende kann nicht darüber deuten und reden indem er für Augenblicke heraustritt. Diese Fragen stammen aus einer andern uns fremden Betrachtungsweise, daher [200] gehen sie uns in dieser Daseinsweise nichts an, wie es in Zukunft werden wird, wissen wir [nicht].

Bei Calvin ist zweierlei zu bemerken. 1) obwohl er auch hierin Luthers Schüler ist, so hat er doch den Gedanken der Einheit der Gnadenwirkung und der sichtbaren und hörbaren Action nicht erfasst. Nach Luther ist das Gnadenmittel die Kindschaftsurkunde selbst, bei Calvin das Siegel an derselben. Das sichtbare ist sicheres Unterpfand dessen, das geschieht. Calvin unterschätzt nicht das sinnliche mit Zwingli so, dass er es nur als Zeichen betrachtet von dem es unsicher ist, ob einer göttliche Gnadenwirkung damit verbunden ist. Bei Calvin ist das Elementum Unterpfand des Gegebenen. Der Fehler liegt in der Betonung des Elements gegenüber dem Verbum. Es ist vielmehr griechisch gedacht als bei Luther. Während der Mund das Brot empfängt, wird die Seele gespeist im Himmel. Da Zwingli gar keine Beziehung der Zeichen zur Gnadenwirkung sah, betrachtete er sie mehr als notae professionis ecclesiae. Der Gedanke des Gemeinschaftscharakters ist höchst wichtig, darf aber nie in den Vordergrund treten. Es ist bei Zwingli und Calvin immer die Praedestinationslehre, die sie an der klaren Auffassung hinderte.

Die zwei Sakramente sind Taufe und Abendmahl.

Die Bestimmungen über die Taufe sind im allgemeinen gemeinkirchlich, nur wird das Wasser hinter den Glauben zurückgestellt und es wird eine Vergebung der Schuld, nicht eine Veränderung des habitus gelehrt.

Bei Zwingli tritt die Kindertaufe nur als kirchliche Handlung auf. Die Kindertaufe ist bei Luther ganz entschieden beibehalten, nicht immer [201] mit theoretischer Klarheit, sondern mehr aus konservativem Interesse und aus Opposition gegen die Schwarmgeister. Die Gründe sind meist sehr schwach. Der Glaube will bald von den Pathen geleitet werden (unevangelisch) oder fides implicita (magisch) allein richtig ist in fidem subsequentem (gr. Kat.) nur muss man hinzufügen, dass die Kindertaufe selbst im Moment des Vollzugs nicht perfect ist als Sakrament. Trotzdem ist die Kirche berechtigt auf Grund ihrer Erfahrung die Kindertaufe anzuwenden, es ist paedagogisch schon wichtig, dass an die Kinder gleich bei der Bildung ihrer Vorstellungen auf ihre Taufe zurückweisen kann. Wir stehen nicht unter dem Gesetz, die Kirche hat das Recht Institutionen zu schaffen. An diesem Punkte setzte dann der katholische Sakramentsbegriff wieder ein: opus operatum.

Beim Sakrament des Abendmahls tritt das nicht deutlicher hervor. Luther hat epochemachend gewirkt aber kleine Mängel haben grosse Folgen gehabt. Es kommt auf die Sündenvergebung an. Essen und Trinken thuts freilich nicht. Das Sakrament hat keine Bedeutung extra {meam}. Es ist sub utraque zu brauchen usw. Während seines ganzen Lebens hat er auf die Sündenvergebung den Nachdruck gelegt. Zwingli Karlstadt sind ihm Schwarmgeister. Leider kam er in der Mitte der 20er Jahre auf einen katholischen Satz zurück, den er selbst zuvor verworfen hatte. Zwingli und die Schwärmer trennten Sakrament und Gnadenwirkung, demgegenüber schien es am sichersten die Gnadengabe ins Zeichen selbst zu setzen. Die katholische Transsubstantiation leugnet er. Brot bleibt Brot und Wein Wein, das ist das wahre Mysterium, aber in den Raum der Elemente diesen mit jenen zusammen ausfüllend tritt Leib und Blut Christi. Auch der Ungläubige [202] empfängt und zerbeisst den wahren Leib. Das ist Occamsche Sophisterei. Daher ist »est« auch metonymisch gefasst, wie es selbst in der katholischen Theologie meist ist. Folgen waren, daß das Mysterium des Glaubens in ein Profan Mysterium verwandelt wurde zur Hälfte, dass der Lehre vom opus operatum Thor und Tür geöffnet wurde, wenn eine wirkungskräftige manducatio infidelium [bricht ab].

Die einfache Zweckbeziehung zur Vergebung der Sünden wurde verwirrt, sofern daneben das unbestimmbare Heilsgut trat. Der falsche Biblicismus bekam eine verhängnisvolle Grundlage sofern eine Bibelstelle, ja ein Wörtchen in ihr {?}

Der scholastischen Theologie wurde das Thor geöffnet. Als theologia salutis, denn nur die Scholastik verfügte über Mittel um es glaublich zu machen, dass das wirkliche Fleisch und Blut Christi {?} sei. Indem eine falsche Lehre als {Panier} aufgeworfen wurde musste notwendig innerhalb des Protestantismus Unfriede und Kampf erzeugt werden.

Zwingli steht in vollstem Gegensatz zu Luther. Er stellt nicht nur die Realpraesenz in Abrede, sondern jedes Sakramentale. Die Mahlzeit ist nur professio des Christentums, ein sacrificieller Act. Dabei ist eine sacramentale Gegenwart Christi unklar hinzugedacht, mehr als Vergegenwärtigung. Er legt auf die einzelnen Acte, besonders den Charakter der Mahlzeit und des Brotbrechens grösseren Wert. Luther dispensiert sich hiervon, er neigt mehr zum katholischen Ritus. Auch der Gemeinschaftscharakter ist bei Zwingli gut betont.

Calvin geht von Luther aus. Aber als guter Grammatiker war er nicht von est überzeugt und nicht von der Einstimmigkeit der alten Tradition wie sie besonders Oekolampad untersucht hatte. Es handelt sich um einen [203] Glaubensakt. Die Seele wird gespeist mit Leib und Blut des Christus, der die Vergebung ist, während der Mund zugleich als Unterpfand und Zeichen Brot und Wein empfängt. Das ist wesentlich zutreffend. Im Hintergrunde finden sich allerdings Mängel, er betont das verbum neben dem elementum nicht genug. Luther hatte gesagt jeder darf und soll das Abendmahl nehmen, der irgend etwas von Christus erwartete. Calvin dachte daran, dass das Abendmahl nur den 12 Jünger erteilt sei, daher sei es nur das Abendmahl der Vollchristen, alle Unsicherheit alle Sünde soll weggeräumt sein, wenn man zum Abendmahl geht. Jede Gemeinde schändet sich selbst, die Glieder zum Abendmahl lässt, welche nicht Vollchristen sind. Daraus entwickelte sich die Aengstlichkeit zum Abendmahl zu gehen bei sehr guten Christen und viele werden ausgeschlossen resp. viele schliessen sich ab weil ihnen die Abendmahlszucht schlaff ist. An und für sich ist es falsch dem Sakrament was anderes beizumessen als Verbum praedicatum.

In den deutschen Bekenntnisschriften finden sich verschiedene Tropen des Ausgleichs zuletzt sind die manducatio infidelium {?} die einige lutherische [bricht ab]

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