Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Symbolik §42

§42 Die Rechtfertigungslehre

Die Lehre von den Sakramenten in genere ist behandelt sub A. Alle Gnade Gottes erschöpft sich [118] in den Sakramenten incipit, augetur, reparatur.

Diese Sakramente sind in eine Heilsordnung eingereiht. Sofern einer im Katholizismus zur Sache selbst kommt, über die oboedientia zur Kirche hinaus, so kommt er zur Justificationslehre. Diese ist in dem Tridentinum am ausführlichsten behandelt. Aber die katholische Lehre will auf die Frage antworten: wie wird man ein besserer Mensch und kann Verdienste erwerben, wir antworten auf die Frage: wie wird und bleibt man ein Gotteskind. - Der Titel Sünden- und Gnadenstand scheidet sich nicht so streng. Zu unterscheiden ist:

  1. Vorbereitung dispositio zur Rechtfertigung
  2. Rechtfertigung jusitificatio ipsa
  3. Wachstum incrementum

Das Exordium (1) geht von der gratia praeveniens aus, die den Menschen berührt, aber sofort den freien Willen heranzieht. Gute Dispositionen sind fides informis, Furcht vor der Strafe, Hinwendung zur Barmherzigkeit, Hoffnung auf diese, ein gewisser Hass gegen die Sünde, Vorsatz die Taufe oder das Busssacrament auf sich zu nehmen. Diese Acte sind noch nicht gut, aber doch meritum de congruo, d. h. an sich kein meritum, sondern kann von Gott so angesehen werden. Dabei ist vorgestellt, dass der Christ durch die Todsünde wieder ins Heidentum zurückfällt, ein Gedanke, der die christliche Kindschaftsidee widerspricht (Paul Gerhard's Lieder).

[2)] Auf Grund dieser Dipositionen lässt Gott die jusitificatio eintreten. Causa ist Gott, causa finalis Gottes Ehre, causa instrumentalis das Sakrament. Die Justificatio ist nicht nur Sündenvergebung, sondern Heiligung und Erneuerung des inneren Menschen durch reale Einflössung von fides und caritas, so dass der [119] iniustus non solum declaratur iustus, sed ex iniusto fit iustus. Actus medicinalis renovationis. Damit ist neben den religiösen Gedanken: »Wo Vergebung der Sünde ist, da ist Leben und Seligkeit« ein moralistischer gestellt, der Selbständigkeit daneben beansprucht. Die protestantische Fassung des actus iudicialis ist äusserlich gefasst missverständlich. Ein habitus, der Verdienste schafft, kann nur aus der caritas kommen. Sobald diese eingeflösst ist, ist der nunmehr ganz freie Wille imstande, merita de condigno zu leisten.

3) Die gewonnene Jusitification kann sich nun steigern, je mehr der Christ seine caritas richtig braucht, desto mehr wird er mit caritas ausgestattet und das kann sich bis zur heroischen Charakterentwicklung steigern, wo die Thatsünden [!] ganz aufhören, und die lässlichen Sünden stören den Gnadenstand nicht.

Der Katholicismus hat diese Lehre, während sie von der Scholastik ausgebildet wurde, augustinisch thomistisch gefasst. Neben der Scholastik ging aber die Mystik her, die vorreformatorisch ist hinsichtlich der Frage nach dem Heil, nicht in der Beantwortung, denn sie sucht in der Phantasie durch das Gefühl des Ewigen, Unendlichen, das sie zum habitus zu steigern sucht, die Seligkeit zu finden. Zuweilen spielt dabei der Kindschaftsgedanke hinein, meist aber ist es aesthetisch intellectuelles Bedürfnis, mit Abstraction vom Sinnlichen. Es ist eine Verwechslung der religiösen Erhebung und der intellectuellen Erhebung. Zwischen diesen Erhebungen ist ein Zusammenhang, aber sie sind nicht identisch und wer einmal die echt religiöse Erhebung aus der Zerschmetterung des Gewissens erlebt hat, wird diese nicht mehr mit anderen verwechseln.

Herrlich einfach sind die meist auf Bernhard von Clairveaux zurückgehenden Sterbegebete.

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