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Symbolik §44

§44 Die einzelnen Sakramente

Der Auffassung der justificatio als {?} entspricht eine Mehrheit von Sacramenten. Er [!] wird begründet durch die Taufe, wenn verloren, durch die Busse, positiv weiter begründet durch die Confirmation, genährt und fortgeführt durch das Abendmahl, vollendet durch die letzte Ölung. Zwei andere Sakramente beziehen sich speciell auf den Priesterstand und den Ehestand.

Diese Siebenzahl geht auf den Lombarden zurück, der sie noch als Privatmeinung aufführt. Erst durch die grossen Summen bürgert sich die Siebenzahl ein und wird durch die Konzile bestätigt. Es wird aber nicht Gleichwertigkeit behauptet, jedoch Einsetzung von Christus. Früher gab es noch viel mehr Handlungen, die man Sacramente nannte. Später schied die Scholastik Sakramenta und Sakramentalia. Diese letzteren werden in einem Anhang zur Sakramentslehre zusammengestellt; dahin gehören heilsame Wirkungen der beim Sakrament gebrauchten Gegenstände und Instrumente, die durch die Weihe gleichsam dem Reich der Natur entnommen und ins Reich der Gnade verpflanzt werden. Kerzen, Weihrauch vermitteln geistliche Wirkungen, auch die Priestergewänder. Man hat mit den sieben Sakramenten nicht genug, sondern hat das Bedürfnis, das ganze Leben mit Fetischen anzufüllen.

Die Taufe

Wesentlich ist die altkirchliche und griechische Vorstellung festgehalten. Form sind die Einsetzungsworte, Materie das Wasser und die Wirkung tilgt die vergangenen [123] Sünden quoad reatum, quoad peccatum ipsum, quoad supplicium aeternum. Die Taufe drückt eine nota passiva aus, d.h. der getaufte bleibt der Jurisdicition der Kirche unterstellt wie er sich auch subjektiv stellt. Inkonsequent wird die Taufe dem Laien zugestanden und bisher die Ketzertaufe anerkannt. Doch ändert sich hier die Praxis, besonders in America. Besonders hat der Convertit das Recht, Wiedertaufe zu verlangen. Der Catholicismus sucht das Band der Gemeinschaft zu zerschneiden. Dass die protestantischen Geistlichen oft nicht rechtgläubig sind, ist kein Grund.

Die Firmelung

Ursprünglich nur Ergänzungsakt zur Taufe, jetzt selbständig. Kann erst im 7. Jahr erteilt werden, nur vom Bischof. Materie ist Olivenöl und Balsam gemischt. Formel signo te signo crucis et confirmo te chrismate salutis in nomine etc. Durch dies Sakrament soll der Christ als mündiges Glied der Bischofskirche zugesellt werden. Man wird dadurch Streiter Christi und bekommt die Kraft, den Kampf des Bösen zu kämpfen (Idee aus den Kreuzzügen). Auch Convertiten wird es erteilt. Eigentliche Heilswirkung hat es nicht. Gross ist die praktische Bedeutung, dadurch dass der Bischof dadurch gezwungen ist, fürsorgend für den einzelnen sich um sein Amt zu kümmern.

Abendmahl

Hier verbindet sich Sakrament und Opfer. Für jenes ist die Transsubstantiation nicht nötig. Form: Einsetzungsworte, Materie: Brot und Wein. Es ist das höchste, weil der auctor gratiae ipse zugegen ist, und zwar nur bei diesem Sakrament auch ante usum und extra usum, vom Moment der Transsubstantiation an. Damit contrastiert die geringe Wirkung, denn [124] es ist nicht im Stande, Todsünden zu tilgen. Die Darstellungen sind nur rhetorisch: vinculum caritatis, durch welches der Mensch in den mystischen Leib Christi eingefügt ist. Es soll keiner zum Sakrament kommen, der nicht zuvor durch das Busssacrament völlig gereinigt ist.

Die Transsubstantiationslehre ist Augustin noch unbekannt. Erst im 9. Jahrhundert behauptet sie Paschasius Radbertus in der Theologie; erst auf dem Laterankonzil 1215 ist sie symbolisch geworden, zugleich mit der Lehre, dass im Abendmahl sich die Inkarnation (Geburt und Tod) wiederhole. Seitdem ist dies das eigentliche Mysterium im Mysterium der Lehre der römischen Kirche. Aus den Spekulationen hierüber hat sich eine moderne Raumtheorie entwickelt. Das Tridentinum hatte zwei Auffassungen vor sich, ist daher sehr vorsichtig, folgt aber im ganzen dem thomistischen Typus, wonach kein Nebeneinander besteht, sondern eine wirkliche Convertierung der Substanz zu Leib und Blut Christi. Das ist nicht haltbar für den Nominalismus, dem die Substanz nur Summe der Accidentien ist. Schwierigkeit macht das Abendmahl Jesu selbst und das Abendmahl der Jünger am Tage des Grabliegens Jesu. Thom. Aqu. stellte die Concomitanslehre für die Elemente und jede Partikel derselben fest. Dadurch wurde die Kelchentziehung für die Laien gerechtfertigt. Aber der Papst hat das Recht, den Laienkelch zu gestatten für einzelne. Fast hätte es das Tridentinum überhaupt gewährt.

Auch extra usum ist dies Sakrament wirksam. Daher die Elevation, die Ausstellung vor Anbetung der Hostie. Daran knüpft sich besonders die katholische Devotion und Andacht. Es wird geraten, in gewissen Fällen sich nicht an Christus, sondern an den in der Hostie inkarnierten Christus zu wenden. Daher ist es auch [125] das größte Fest der Kirche, welches der Hostie gilt (Fronleichnam).

Das Bussakrament

Die Taufgnade wird bald verscherzt, daher ist ein Ersatzsakrament nötig. Die Materie bilden die Handlungen der Büssenden, Contritio usw. Die Form ist die Absolutio (oder auch die Contritio), Reue und Glaube genügen nicht. Das Sakrament muss mindestens einmal im Jahr gebraucht werden, doch suchen die Jesuiten den Gebrauch häufiger zu machen (»Katholisch ist gut leben, evangelisch gut sterben«, 17. Jahrhundert).

Der Priester allein kann eine sakramentale Absolution spenden (so seit Thom. Aqu. der Lombarde steht anders). Der Priester handelt als minister Christi, aber mit voller richterlicher Gewalt, also nicht deprecatorisch oder ankündigend, sondern assertorisch: ich vergebe Dir ... Diese Absolution hat nach der Confessio einzutreten, ehe die Satisfactio absolviert ist. Es kann contritio cum voto sacramenti im Fall des Mangels eines Priesters sakramental sein.

Drei Stücke sind erforderlich. Contritio, Confessio und Satisfactio. Wenn man sie von der besten Seite fasst, sind diese Begriffe richtig. Dabei muss aber die Contritio das wichtigste sein, die zwei folgenden mehr nur Ausflüsse. Doch schon das Tridentinum behandelt sie anders.

Eine wirkliche Reue muss in der Seele vorhanden sein. Doch die Scholastik sagt, dann wäre ja das Sakrament überflüssig, daher genügt die Attritio, poenitentia quaedam, aus irgend welchem Motiv (cf. Döll. und Rensch). Das Tridentinum lässt die Attritio zu in einer verborgenen Stelle. Darauf baute man den Satz: ein Mensch könne [126] selig werden ohne einen Act der Gottesliebe, durch den Gebrauch des Sakraments, d.h. die Religion aus der Religion weisen. In den Moralbüchern für die Geistlichen findet sich der Attritionalismus noch ganz.

Bei der Confessio müssen alle Todsünden und unter Umständen die circumstantiae gebeichtet werden. Wer eine Todsünde verschweigt - wissentlich - begeht eine neue Sünde. Es ist eine Schuldentilgung, nicht Wiederherstellung eines Verhältnisses. Der verordnete Parochus ist allein berechtigt, die Beichte zu hören. Aber der Papst kann einzelnen Personen oder ganzen Orden die Beichterlaubnis gewähren, zum Ärger der Parochi, und es giebt eine ganze Tabelle von Sünden, die nur der Bischof oder gar nur der Papst absolvieren kann (Reservatfälle). Dabei ist es kein geistliches, sondern ein Jurisdictionsrecht. Wenn ein Priester Ketzer wird und wieder zur katholischen Kirche zurückkehren will, muss man vom Papst Absolution erhalten.

Die Satisfactio hat von Alters her eine Unklarheit. Verbunden sind zwei Stücke: durch die Absolution ist Schuld und ewige Sündenstrafe getilgt, aber die zeitliche Sündenstrafe bleibt, auf sie bezieht sich die Satisfaction. Der Priester legt Wallfahrten, Paternoster u.a. auf. Zeitliche Strafen kann der Christ leisten, daher lässt sie Gott [zu] zur Übung der Demut. Meist wird das jetzt aufs Fegfeuer bezogen. Dann aber wird gesagt, der Priester lege die absolvierten, reinen Christen Satisfaction auf zur Erwerbung von merita. An die Satisfactiones schliessen sich die Ablässe an, die sich nicht auf Contritio, confessio und Absolution beziehen. Ablass giebt es nach der Theorie nur für Absolvierte. Hiermit wird die Satisfaction abgelöst durch eine leichtere oder gar keine Leistung, indem die Kirche mit [127] ihrem Schatze eintritt. Ablass ist die gnädige Vertauschung schwererer Satisfactionen mit leichteren, resp. die Entbindung von den auf die zeitlichen Strafen bezüglichen Satisfactionen auf Grund der überschüssigen Verdienste Christi und der Heiligen, welche die Kirche (resp. der Papst) denen gewährt, die auf Grund von Contritio und Confessio vom Priester absolviert sind. dabei ist das Verdienst Christi ganz inkonsequent auf die zeitlichen Strafen bezogen (cf. Schneider, Ablässe. 7. Aufl. Mainz). Heutzutage bezieht sich der Ablass meist auf das Fegfeuer, Doch das Volk bezieht sie immer auf Seligkeit oder Unseligkeit, es kennt nur Himmel oder Hölle. Dann ist ein Unfug, dass die Ablässe an Orte oder Fetische geknüpft werden, so dass das ganze Sakramentaliengebiet dazu gehört. Doch das ganze Ablasswesen ist nur auf romanischem Boden denkbar. In deutschland hat die Reformation zu sehr gewirkt, doch auch hier ist die Superstition gewachsen.

Letzte Ölung

Materie: vom Bischof geweihtes Öl. Form: kurzes Gebet. Bestrichenwerden der Gliedmassen. Es kann wiederholt werden. Stärkung der Seele, letzte Tilgung des Sündenrestes, hienieden leibliche Heilung. man hat es sowenig bearbeitet, dass man die alte deprecatorische Formel Deus indulgeat tibi beibehalten hat. Der Apostel Jakobus soll sie eingesetzt haben.

Priesterweihe

Von Christus gestiftet am Abend vor dem Tod: hoc facite in meam commemorationem. Die Materie ist nicht sicher bestimmt. Form ist die Formel: accipe potestam offerendi ... Deo. Nur vom Bischof zu erteilen, wirkt einen Character indelebilis. Die näheren Bestimmungen sind meist dem AT entnommen. [128] Es handelt sich um Einsetzung einer Persönlichkeit, die Gott der Gemeinde gegenüber vertreten soll. Man sucht eine eigene Bischofsweihe einzuführen.

Ehe

Christus soll die Monogamie zur Heiligung derselben zum Sakrament erhoben haben (bei der Hochzeit zu Cana). Materie ist die Ehe selbst. Form der feierliche (laut und öffentlich) ausgesprochene Consensus der Nupturienten, dadurch ist der Sakramentscharakter ohne Priesterliche Wirksamkeit aufrechterhalten. Das Tridentinum machte einen grossen Schritt über die bisherige Praxis hinaus, indem es den Parochus zum zeugen verlangt, der dann auch segnet, aber nicht sakramental. Die strenge Praxis und der Papst erkennt alle protestantische und civilen Ehen, die nicht von einem katholischen Parochus geschlossen sind nur als wilde Ehen an - wo das Tridentinum verkündet ist, wo nicht, da werden Ausnahmen gemacht. Doch neben dem sakramentalen Charakter wird die Ehe sehr heruntergesetzt durch die Anpreisung der Virginität. Gegen den Ehestand ist ein gewisses Misstrauen vorhanden.


Literatur

Geschichte der Moralstreitigkeiten in der römisch-katholischen Kirche seit dem sechzehnten Jahrhundert mit Beiträgen zur Geschichte und Charakteristik des Jesuitenordens. Auf Grund ungedruckter Aktenstücke bearbeitet und herausgegeben von Ignaz von Döllinger und Fr. Heinrich Reusch. Nördlingen 1889

Die Ablässe, ihr Wesen und Gebrauch - Ein Handbuch für Geistliche und Laien, welche über die Ablässe und die mit Ablässen bereicherten Gebete, Andachtsübungen, Andachtsgegenstände, Bruderschaften und frommen Vereine Belehrung wünschen. Nach dem Französischen des P. Antonin Maurel, Priesters der Gesellschaft Jesu, bearbeitet von P. Joseph Schneider, Priester derselben Gesellschaft und Consultor der hl. Congregation der Ablässe. 7.  Auflage. 18?? [8. Aufl. Paderborn 1884].

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