Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Symbolik §45

III. [Kirchenbildungen auf den Lehren der Reformation]

I. Geschichtl. constructiver Teil

§45 Der gegenwärtige äussere Bestand

Es fehlt noch die statistische Bearbeitung.
Schaff, the creeds of Christendom.

Der erste Eindruck ist der der Zersplitterung. England zählt 156 evangelische Gemeinschaften. Gemessen an der römischen und griechischen Kirche stellt sich der Protestantismus nicht als Kirche dar. Dieser Name ist jedenfalls hier anders gemeint. Alle diese Teile führen sich direkt oder indirekt auf die Mitte des 16. Jahrh. zurück. Das zeigt die Bedeutung jener Kirchenbewegung.

Nicht nur in der Lehre sondern auch im Weltverhältnis stehen die Confessionen verschieden: Staatskirche, Landeskirche, Independenten. Regierung entweder Bischof oder Synoden oder Consistorien oder Landesherren oder angebl. ohne Regierung. Die einen mit successionalem Amt, die anderen mit einem Amt jure divino, die dritten jure humano, manche wissen es nicht genau. Einige wollen kein Amt. Die Disciplin ist bei den einen ungemein streng (calvinisch), bei den anderen fehlt die Disciplin ganz.

Der Lehrbegriff endlich ist sehr verschieden, oft gegensätzlich, aber selbst in derselben kirchlichen Gemeinschaft, besonders in den heutigen Kirchenzeitungen. Auf den einen Seiten ein {trumphen} auf {?}istl. Bekenntnisse, ein stark ausgeprägter Biblicismus, wo die Bibel den Papst ersetzt. [130] Daneben wieder: Fortbildung.

Die Abbröckelungen finden sich mehr auf romanisch-normannischem Boden, nicht so auf germanischem.

Doch war und ist der Protestantismus eine einheitliche Macht und von einheitlicher Signatur, nicht nur negativ sondern auch positiv in den Hebelkräften der Geschichte: dem Individualismus, der Auffassung vom weltlichen Beruf, der Gewissenhaftigkeit, der selbständigen Religiosität, der Betonung Jesu als des Erkenntnisgrundes Gottes. Von der Reformation aus ist ein grosser Strom von Segnungen über Europa ausgeflossen, selbst der Katholizismus hat nolens volens daran teilgenommen. Stumpfer roher ist er dort wo kein Kampf mit dem Protestantismus stattgefunden hat. Pflichttreue, öffentliche Sittlichkeit und Gewissenhaftigkeit sind im Protestantismus besser gediehen als im mittelalterlichen Katholicismus.

Die grosse Mehrzahl der evangelisch-protestantischen Kirchen lässt sich in die lutherische (deutsche) und die reformierte (rom.-anglik.) Gruppe trennen. Dazwischen steht die südwestdeutsche Gruppe, die einen Ausgleich der beiden Formen versucht.

Daneben steht eine grosse Gruppe, die sich von der reform. Hauptgruppe abgetrennt hat: Methodisten, Baptisten, gewöhnlich Sekten genannt, ein Name dessen Berechtigung noch zu untersuchen ist.

Der Protestantismus herrscht im Nordwesten Europas, fast überall dort wo das altrömische Reich mit dem griech.-röm. Cultus nicht war. Dort wo alte Kultur war, war es schwerer.

[131] Deutschland 29 Mill.
Bayern 2
Sachsen 1
Württemberg 1,5
Hannover
Schleswig-Holstein
uniert Preussen
Baden
Bayer. Pfalz
Nassau
Hessen

Eingesprengt sind hier reformierte Gemeinden und Landeskirchen, Lippe etc. Die Reformierten am meisten in der Nähe Hollands und der Schweiz am Oberrhein. Daneben auch Methodisten Baptisten Irvingianer.
Die Herrenhuter sind keine eigene Kirchengemeinschaft.

Schweden und Norwegen sind durchweg lutherisch (über 6 Mill.).
Dänemark 1,8 M. luth. Christen 2000 Mormonen, ebenso Baptisten.
In Russland 3 Mill. prot. Christen, fast ganz lutherisch, wenig reformiert.
England c. 28 Mill. Protestanten. 19-20 M. in der Staatskirche. Skotisch c. 2 M. Dissenters 6,5 Mill. In den Colonien 10 Mill.
Schweiz 1,5 Mill. Protestanten mit starker katholischer Mischung.
Österreich 3,5 Mill.
Frankreich 6-700000 Protestanten, meist Reformierte, teilweise der Augsburger Confession zugethan.
Italien hat in den Waldensergemeinden und einer freien evangelischen Kirche nur wenige Evang.
America (Indep. 31. Juli 90) kathol. 8-9 Mill. Protestanten c. 40 Mill. Zählt man die Methodisten alle zusammen so sind sie die stärksten, 9 Mill. Seelen. Baptisten 6 Mill. Presbyterianer 2,5 Mill. Lutheraner 2 Mill. [132] Congregationalisten +1 Mill. Unitarier (klein, aber wichtig) bischöfliche Kirche (nicht methodistisch) Quäker usw.

Summa c. 120 Mill. Protestanten


Literatur

Schaff, Philip: Bibliotheka symbolica ecclesiae universalis. The Creeds of Christendom with a history and critical notes. 3. Bde. New York 1876 (5. Aufl. 1887)

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