Symbolik §17
§17. Das Charakteristische in der griechischen Vorstellung von der Erlösung durch den Gottmenschen Jesus Christus
Dies ist der Kern des griechischen Dogmas. Johannes Damascenus nennt die Menschwerdung das einzig neue unter der Sonne, die Menschwerdung des logos allein ist einzig, von der natürlichen Vernunft nicht vorauszusehen noch zu erfahren, allein im Glauben anzueignen. Der factisch der phtora und der Verdunklung des nous und dem Tode verfallene Mensch wird in eine gottmenschliche Lage umgeschaffen, indem durch die Menschwerdung des logos eine Gottmenschheit hergestellt ist, in der der einzelne Teil haben soll an den Qualitäten des logos, der bei der Menschwerdung seine Qualitäten annahm. Jetzt nur teilweise vollzieht sich diese Vergottung, ganz erst im Jenseits. Bei der strengen Theorie ist aber nur die Menschwerdung und die Verklärung nötig, vom Leben ist [49] eigentlich in der strengen Theorie nicht die Rede. Das ist ein Mangel. Jesus im Leben soll nur den Willen Gottes durch Lehre und Vorbild ganz verdeutlichen, auch der Kreuzestod hat nur diese lehrhafte Bedeutung. An den Moment der Menschwerdung reicht nichts heran. Damit ist die Religion ins Halbdunkel zurückgedrängt, in hohe berauschende Gefühle.
Eine Entwicklung wäre möglich, wenn man die Menschwerdung nicht als Moment, sondern als Process auffasst und so alle Lebensmomente einnimmt. Doch immer wird ein Mangel an der geschichtlichen Auffassung bleiben, solange man sich nicht entschliesst davon abzugehen.
Der Tod wird auch betont, aber wesentlich anders als im Abendland. In rhetorischen Wendungen ist auch darüber in der griechischen Kirche viel gesagt, aber der Theorie nach kommt er post festum.
Im Ritus ist das Kreuz als Siegeszeichen über Tod, Sünde, Übel und Teufel mit wunderbarer Macht ausgestattet. Daher der ausschweifende Gebrauch; einsichtige griechische Theologen werden es vielleicht für Religion 2. Ordnung ansehen, doch vom Bilderstreit her gilt, dass das Kreuzeszeichen relae Kraft hat.