Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Innovation und Tradition

Ein innovatives Fach an traditionsreichem Ort

Die Religionspädagogik ist eine junge Wissenschaft. Der Begriff – erstmals 1889 bei Max Reischle nachweisbar – bezeichnet in seinen Anfängen das Programm einer Krisenwissenschaft. Angesichts der offensichtlichen Defizite und Erfolglosigkeit einer primär an theologisch vorgegebenen Stoffen orientierten Katechetik wollte man auch die religiöse Erziehung und Bildung (unter Rückgriff auf die Psychologie) pädagogisch reflektiert gestalten.

Friedrich D. E. Schleiermacher
(Büste im Eingangsbereich der Fakultät)

Friedrich D. E. Schleiermacher (Büste im Eingangsbereich der Fakultät)

Wissenschaftstheoretisch lässt sich unter Verweis auf Friedrich Schleiermacher (1768-1834) (der von 1804-1806 an der Theologischen Fakultät in Halle lehrte) festhalten, dass die Praktische Theologie und damit verbunden auch die später entwickelte Religionspädagogik „Theorie einer Praxis“ sind. Von Phänomenen der Praxis her wird Theorie gebildet. Dieser Praxisbezug bildet die Grundlage für eine eigenständige Reflexion im theologischen Fächerkanon. Praktische Theologie und Religionspädagogik sind also theoriegeleitete Praxisfächer.

Martin Luther
(Abguss der Grabplatte im Eingangsbereich der Fakultät)

Martin Luther (Abguss der Grabplatte im Eingangsbereich der Fakultät)

Auch wenn die Religionspädagogik als wissenschaftliche Disziplin erst seit einem reichlichen Jahrhundert gelehrt wird, hat sie wesentliche Impulse bereits früher erhalten. Diese Impulse sind eng mit der Wittenberger Theologischen Fakultät verbunden. Hält man nämlich den Gedanken der Allgemeinbildung für wesentlich, kann mit Verweis auf die Schulschriften Martin Luthers (1483-1546)und Philipp Melanchthons (1497-1560) der Beginn der Religionspädagogik im weiteren Sinn in der Reformationszeit gesehen werden. Bei den Reformatioren gewannen grundsätzliche Fragen der Bedeutung von Erziehung, aber auch praktische Vorschläge für die Gestaltung von Schulen neue Relevanz. Luther kümmerte sich um die Elementarschulen, während Melanchthon für die Latein- und Trivialschulen eintrat.

August Hermann Francke
(Denkmal auf dem Gelände der Franckeschen Stiftungen)

August Hermann Francke (Denkmal auf dem Gelände der Franckeschen Stiftungen)

Einen entscheidenden Einbruch erlitten das deutsche Schulwesen und auch die religiöse Bildung in der Schule durch den Dreißigjährigen Krieg. Deutschland blutete hier auf Jahrzehnte hinaus materiell und geistig aus. Die dadurch gegebene Notwendigkeit des Ineinander von diakonisch-karitativen und erzieherischem Handelns kommt sehr anschaulich im Lebenswerk von August Hermann Francke (1663-1727) zum Ausdruck. Er gründete mit einem Waisenhaus verbundene Schulen, um der Verwahrlosung der Vorstadtjugend zu wehren. Francke sah in der Besserung der Erziehung ein entscheidendes Mittel zur Lösung der anstehenden Probleme. Grundlegend war für ihn, dass der Mensch eine Schöpfung Gottes ist. Die Gleichheit aller Menschen vor Gott bedingt für alle die gleichen Erziehungs- und Bildungsziele, gleiche Inhalte und im Wesentlichen auch gleiche Methoden.

Wer in Halle Religionspädagogik studiert, arbeitet an einem traditionsreichen Ort. Neben vielen großen Theologen wirkten auch bedeutende Pädagogen in Halle. So wurde hier 1779 der erste Lehrstuhl für Pädagogik in Deutschland eingerichtet, den der Philanthrop Ernst Christian Trapp (1745-1818) vier Jahre lang innehatte.

Ein eigener Lehrstuhl für Religionspädagogik wurde 1991 – als einer der ersten in Ostdeutschland – an der Theologischen Fakultät eingerichtet und mit Prof. Dr. Christian Grethlein    besetzt. Er lehrte bis 1997 in Halle. Von 1995-2004 hatte Prof. Dr. Raimund Hoenen die Professur für Evangelische Theologie und Didaktik des Religionsunterrichts inne.

Literaturtipp: Christian Grethlein, Religionspädagogik, Berlin, New York 1998, 1-214; speziell zum Religionsunterricht: Rainer Lachmann, Bernd Schröder (Hg.), Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts in Deutschland. Ein Studienbuch, Neukirchen-Vluyn 2007.

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